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Claus Sterneck / Claus in Iceland
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Wolfgang Sterneck
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RIOT GRRRLS:

- Hypertext Radio / Riot Grrrls
- Papiertiger / Queer-Core und Riot-Grrrl-Bewegung
- Lea Thompson / Media-Grrrl vs. riot grrrl

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Hypertext Radio:

RIOT GRRRLS

”’wenn dir was nicht passt, dann tu was. verändere es, sag was, mach es anders. du bist es, die vedammt noch mal da raus gehen und was tun muss, wenn sich, zum teufel, was ändern soll’, rief patti smith im new yorker irving plaza in die menge, bevor sie 1996 auf tour ging.”
riot grrrl manifest .

”frauen und mädchen bands erobern seit anfang der 90er jahre die bühnen der jugendkultur und benutzen diese als forum feministischer rebellion. ”riot grrrls“, ”hot chicks“, ”ghetto divas“, und ”rock queens“ , ”gangsta bitches“ und ”hardcore dykes“ verbreiten lautstark ihre versionen von feminismus, geschichten über begehren, sexismus und gewalt. weit über die musik hinaus spinnen sie ihr netzwerk: zines, labels, mode, plattenläden, clubs, weibliche idole, cybernetworks, demos und lippenstift sind markenzeichen von ”girl- power“. ”does your pussy do the dog“? spiegelte diese euphorie wieder - endlich weibliche heldinnen, cool, tough und sexy.(aus einleitung)
ziel jeder feministischen oder girl-orientieren kultur ist es, zu lernen, zu verstehen, uns zu nehmen, was wir brauchen, und unsere einsichten an andere weiterzugeben. das ist riot grrrl. und es gibt nicht EINE definition der riot- grrrl-revolution, weil sie für verschiedene grrrls unterschiedliche dinge bedeutet: emotionale unterstützung, einen sicheren ort oder konzerte, events und ausstellungen. (shell sheddy, 29)

”riot grrrl begann hier in new york 1992 mit dem musikfestival, ”WIG WAM BAM“ , wo die ersten riot-grrrl-treffen abgehalten wurden. danach ging alles sehr schnell. frühling und sommer 93 war eine sehr turbulente zeit. Womens action coalition war noch immer aktiv, wir gründeten SWIM (strong women in music) und trafen uns oft bis zu dreimal wöchentlich zu irgendwelchen treffen oder aktionen“.

”die inkorporation der ware ”girl“ in die internationale marktökonomie funktionierte - trotz oder gerade wegen der widerspenstigen thematik - glatt wie selten. die grelle medienpräsenz ermöglichte die verbreitung girlzentrierter inhalte bis in die entlegensten mädchenherzen, forderte jedoch ihren preis. die bewegung stiess dort auf ihre grenzen, wo der feministische kontext fehlte, der den nunmehr aus dem zusammenhang gerissenen, originalen slogans ihre subversive kraft bestätigt hätte. (...)nach der verbreitung in sämtlichen pop-kulturellen bereichen dient heute die bezeichnung ”girl Power“ als container für unterschiedlichste ausdrucksformen, die lediglich durch den diffusen knoten ”girl“ zusammengehalten werden. (aus einleitung, 17)

die ersten riot-grrrl-nyc-treffen fanden in der school of visual arts statt und konzentrierten sich auf die organisation von veranstaltungen. einmal pro woche trafen sich hier frauen zur planung und koordination von unterschiedlichen projekten. riot-grrrl-flyers verbreiteten die neuigkeit in der ganzen stadt, zines veröffentlichten termine und treffpunkte. bei konzerten und ausstellungen lagen listen auf, in die interessierte ihre adressen eintragen konnten. ein telefon-tonband gab die bevorstehenden aktionen bekannt. über telefonketten informierten sich die girls, oft getarnt, denn einige eltern witterten gefahr für ihre töchter. (29)

”viele mädchen der secret girl conspiracy in NYC waren oder sind auch im kontext von riot grrrl NYC aktiv. wir haben diesen namen gewählt, weil wir etwas neues ausprobieren wollten. das grosse problem in feministischen aktivismusgruppen ist, dass so viel zeit draufgeht, dinge zu definieren - die eigene gruppe, die eigene person, die anderen: was ist feminismus, was ist riot grrrl, was secret girl conspiracy. dabei haben wir meist bereits eine fixe vorstellung, hören gar icht wirklich zu odder hören nur das, was unsere meinung bestätigt. mir ist es wichtig, über ziele zu reden und aktionen zu setzen“.(31)

”in diesem umfeld können frauen sich kennenlernen - ohne männer und ohne modediktat. wenn jungs bei shows dabei sind, verändert das den vibe: frauen werden defensiver, weil sie sich gegen die wild tanzenden, stossenden und rempelnden männer wehren müssen.“(31)

gleichzeitig stärke und schwäche von riot grrrl ist die projektorientierung, die einerseits bewegung in die gruppe bringt, aber durch das ständige kommen und gehen ein kontinuierliches arbeiten schwierig macht. (...) schwierigkeiten ergeben sich immer dann, wenn eine gruppe von frauen zu dominant wird, ihre definition von ”richtigen“ riot grrrls dem rest aufdrängt und dabei andersdenkende ausschliesst, also genau das tut, was riot grrrl eigentlich bekämpfen will - hierarchien etablieren, konkurrenz und abwertung statt unterstützung schaffen. dann schrumpft die gruppe, ihre aktionen werden weniger, bis andere frauen aktiv werden.(32)

”Es ist schwierig, zeit für aktivismus zu haben. wenn du aufgrund des strukturellen sexismus bereits fünfmal so hart arbeiten musst wie irgendein typ und in deiner sogenannten freizeit diese dinge verfolgen willst,wird alles sehr zeitaufwendig. dennoch glaube ich, dass riot grrrl und SWIM bis zu einem gesissen grad ihre ziele erfüllt haben. ihre ideen sind absorbiert und weltweit verbreitet worden. so sind z.B. band wie sleater kinney oder agenturen wie girlie action entstanden.“(32)

Eines der ziele von riot grrrl war es immer, für mädchen aller ethnischen gruppen offen zu sein und die eigenen ausschliessungs- und diskriminierungsverfahren zu reflektieren sowie entsprechende schritte zu setzen. im kontext pragmatischer aktionsplanungen gehen diese anliegen jedoch oft unter.

weil riot grrrl eine gruppe von mädchen ist, die für das ende aller ungerechtigkeiten kämpfen, kann die art und weise, wie gesellschaftliche vorurteile sich selbst hier einschleichen, extrem lähmend sein. (...) innrhalb einer solch politisch bewussten gruppe gibt es subtile manifestationen von rassismus, die genauso beängstigend und daneben sind, wie das offensichtlich rassistische zeugs da draussen, das die meisten grrrls leichter kritisieren können, weil es sie nicht direkt betrifft. deshalb ist es wichtig für grrrls inklusive MIR und DIR und jeder aktivistin, zu reflektieren, wie rassismus das leben der menschen durchdringt und dabei alle forderungen aushöhlt, die wir als radikale gruppe stellen.

bildung schützt nicht unbedingt vor ignoranz. es gehört zur verantwortung weisser grrrls, ihre ignoranz zu hinterfragen und aus diesem ganzen gesellschaftlichen mist, der die rassistischen muster reproduziert, auszubrechen - jetzt, hier und heute, tu was dagegen. es gibt keine entschuldigung für rassismus. wenn wir grrrl zusammenarbeiten, können du und ich was ändern. (36)

home alive wurde 1993 von mitgliedern der kunst- und musik-community in seattle als kollektiv gegründet. home alive bekämpft jede form von gewalt und unterstützt alle arten von selbstverteidigung, die das überleben in einer spezifischen situation erfordert: verbale grenzsetzung, begleitung zum auto und nach hause, absichern von türen, pfeffersprays, überraschungstechniken, kampftechniken, schreien, kriegskünste, messer, schuß- und andere waffen. alles, was am leben erhält. seit der brutalen vergewaltigung und ermordung von mia zapata am 7. juli 1993 bietet home alive kostenlos selbstverteidigungskurse, workshops, informationen und diskussionsforen an, die über den verkauf von kunst finanziert werden. home alive will ständig daran erinnern, dass keine von uns sicher ist.

”mia wurde, zwei stunden nachdem unsere sängerin selina und ich uns in einer bar in seattle verabschiedet hatten, auf der strasse ermordet. vom täter fehlt bis heute jede spur. in den vergangenen drei jahren wurden im selben stadtteil von seattle 22 frauen ermordet. vergewaltigungen und ermordungen in diesem land passieren tagtäglich. wir wissen alle, wie abgefuckt die situation ist, aber wenn so grauenhafte dinge in deinem freundeskreis passieren, dann ist das etwas anderes. (...)“

ich bin total für das tragen von waffen, wenn die leute dazu ausgebildet sind, kurse besucht haben und sich dann dafür oder dagegen entscheiden können. ich war lange dagegen - bis ich selbst überfallen wurde. das hat mein leben verändert. der typ hat mich niedergeschlagen und wollte mich vergewaltigen. ich bin zwar davongekommen, war aber monatelang derart verstört, dass ich nicht einmal allein unter die dusche gehen konnte. das gefühl des totalen kontrollverlusts schreibt sich in deinen körper ein und ist schwer wieder loszukriegen. seit diesem ereignis weiss ich, dass ich jeden motherfucker umbringen werde, der mich zu vergewaltigen versucht.(interview mit 7year bitch)

immer häufiger hiess es, Home Alive werde eine CD herausbringen. (...) um die implikationen von mias tod auf provokante art zu thematisieren. ursprünglich gingen wir von einem regionalen projekt aus und hofften, ungefähl 10.000 Cds zu verkaufen. als pearl jam ihre teilname an dem projekt ankündigten, bot Epic an, die CD zu machen.

einige mitglieder brachten ihre sorge über die ideologischen rückwirkungen eines projektes dieser grösse zum ausdruck.epic records gehört zu sony musik. der vertrag mit epic, der uns die kommunikation durch ein mediumder popkultur ermöglicht, würde eben jene ressourcen, die wir im kampf gegen diese kultrelle gewalt entwickelt hatten, am markt als weitere ware anbieten. während unsere individuellen geschichten, unsere geschichte als gruppe, unsere kreativität, unsere organisationsformen und messages gegen eine teilnahme am projekt sprachen, sahen wir doch gleichzeitig die möglichkeit, uns an einer internationalen auseinandersetzung zu beteiligen und die finanzielle basis für das längerfristige weiterbestehen der organisation sicherzustellen.

wir einigten uns darauf, für das erreichen einer grossen zielgruppe nicht unsere integrität aufs spiel zu setzen. und es hielt uns nichts davon ab, alles was wir wollten, in den vertrag mit epic zu schreiben. ein musikanwalt half uns bei den verhandlungen. das feedback auf das fertige produkt war gewaltig. wenn wir auch anstatt der erwarteten 40.000 ca. 150.000 Cds verkauften, blieben wir doch unserer aufgabenstellung treu und vertraten kompromisslos unsere message, identität und haltung.

wir wussten, dass mia höllisch gekämpft hatt. wenn sie selbstverteidigung gelernt hätte, wäre sie heute vielleicht noch am leben. wir hatten unsere verteidigung in der alltäglichen praxis auf der strasse gelernt, aber nach diesem ereignis waren wir uns nicht mehr sicher, ob das ausreichte.

”fragt mich also,ist das politisch? geht es um polizei, kriegsvorbeugung, also um etwas wirklich wichtiges? fuck you ich bin wichtig ich bin politik - jedesmal, wenn mich so ein idiot aufreissen will, ich in sein gesicht zurückspucke und er sich entrüstet - das ist politik. das ist die regierung, die neben mir auf dem barhocker sitzt und wie ein besoffener trottel dreinschaut wenn ich einen mann ficke und ich oben bin - das ist politik wenn ich einen mann ficke und nicht oben bin - das ist politik und wenn ich eine frau ficke, dann lutsch ich all die politik aus ihr heraus...“.(christien storm)

www.gURL.com - die website von esther drill und rebecca odes im gegensatz zu den traditionellen medien mit ihren bekannten geschichten von erfolg und versagen haben neue medien keine starren formeln. diese offenheit ermöglicht es kritischen projekten, etablierte strukturen zu unterlaufen. gURL begann als website und hat diese freiheit zu ihrem vorteil genutzt. the boob files

” meine titten haben größe C, eine ordentliche handvoll. aber meine nippel allein könnten einen sport-BH füllen, vielleicht sogar ein AA-körbchen. sie machen ein viertel bis ein drittel meiner ganzen brustmasse aus. yup. ich hab wirklich grosse nippel. wie rosarote gummiuntertassen thronen sie auf meinen titten“.

gURL wollte im wesentlichen zwei probleme thematisieren: den mangel an technologie-orientierter unterhaltung für mädchen und unsere langjährige frustration über das begrenzte angebot an mädchenspezifischen medien, insbesondere im bereich der jugendmagazine.

”es braucht eine ziemlich kalte brise, um diese kleinen knöpfe so stolz und sichtbar wie bei anderen mädchen aufstehen zu lassen. bis zu meinem 20. lebensjahr wußte ich gar nicht, dass meine nippel ungewöhnlich sind - mir fehlte der direkte vergleich. als mir bewusst wurde, dass meine nippel grösse XL haben, zeigte ich sie meiner guten freundin debbie. sie meinte auch, ohne es zu werten, dass sie gross seine.“

wir wollten mädchen einen grund liefern, sich mit technologie auseinandersetzen, indem wir ihnen etwas zur verfügung stellten, das sie direkt und auf persönliche weise ansprach.

”als ich dem rest meines bunten sortiments an freundinnen von meinen nippeln erzählte, wurden sie zur quelle meines stolzes und endloser insiderwitze. alle grossen dinge wurden an meinen nippeln bemessen: ”ich bin so müde wie gayles nippel gross“. ”gestern war ich so krank wie gayles nippel gross sind“. ”das abendessen gestern war himmlisch, so gut wie gayles nippel gross sind“.

wir gestalten unsere website wie ein magazin, arbeiten also innerhalb einer vertrauten form, hinterfragen aber gleichzeitig die erwartungen, die mädchen einem traditionellen magazin entgegenbringen.

”eines abends wurde meine nippel-vorherrschaft in frage gestellt. zu debbies college-abschluss hingen einige von uns in einer bar ab. irgendwie kamen wir auf nippel zu sprechen. ich erklärte, dass ich die grössten hätte. amy, eine frau, die ich vorher nie gesehen hatte, entgegnete, dass ihre mit sicherheit grösser seien. ziemlich bald bezogen unsere freundinnen stellung, und nicht viel später legte die ganze bar geld auf den tisch und wettete um die nippel-championette.“

wir versuchen jene belange, die für mädchen ab 14 wichtig sind, wertfrei und auf eine persönliche art zu diskutieren. unsere texte und abbildungen sind direkt und humorvoll und fordern mädchen auf, für sie wichtige dinge aus einer neuen perspektive zu betrachten.

”die siegerin wurde erst im hotel gekürt. es war ein spannender moment als amy ihr kleid öffnete und ich meinen anzug abstreifte. obwohl es ein knappes rennen war, musste sogar ich zugeben, dass amys nippel grösser waren. in dieser nacht verlor ich meine herrschaft als königin und wurde nippel-prinzessin, ein titel, den ich heute noch trage.“

Erst war ich ein wenig skeptisch gegenüber den selbstverteidigungskursen, und je mehr ich darüber nachdachte, desto bedrohlicher wurde der gedanke. wenn ich mich jemals in einer situation befinden sollte, in der ich um mein leben kämpfen muss, werde ich dann noch ”lebend nach hause“ kommen? ich entschied mich schliesslich, einen kurs bei Home Alive zu besuchen, und lernte alles, vom schlagen bis zum setzen von grenzen, nicht nur in gefährlichen situationen, sondern auch im alltag. selbstverteidigung beinhaltet auch die einsciht, dass mein leben es wert ist, verteidigt zu werden, und dass ich das recht habe, zurückzuschlagen.(...) ich erinnere mich an mia und jede frau, deren grenzen in irgendeiner form überschritten werden. häusliche gewalt, überfälle, homophobie, sexuelle belästigung, vergewaltigung, mord - all diese dinge beeinträchtigen unser leben. wir müssen zugang finden zu diesem zorn und ihn in stärke umwandeln. wir ALLE sind stark. wir alle sind in der lage, uns zu verteidigen. also, wenn du noch keinen kurs gemacht hast, übernimm verantwortung für dich selbst und kämpf um dein leben. (beth ernsberger, 55)

SWIM steht für Strong Women In Music. Ende der 80er jahre gründete sich diese organisiation, um für frauen aus allen bereichen des musikbetriebs einen Ort zu schaffen, an dem sie sich treffen und gemeinsame strategien zur verbesserung ihrer situation innerhalb der musikszene entwickeln konnten. SWIM sollte keine reine network-organisation sein, sondern politisch und feministisch sein.

...1994 wurde bei den grammy awards die kategorie ”female rock“ abgeschafft, weil es angeblich nicht genug gute weibliche rockstars für fünf nominierungen gab. solch beschissene anmassungen wollten wir nicht akzeptieren , also hielten wir in der grammy nacht eine grosse demo vor der radio city music hall ab, erregten einige aufmerksamkeit und hatten beeindruckendes presseecho.(vickie starr, 108)

der produzent von luke skywalkers fernsehshow in miami, ”lukes peepshow“, in der X-rated musikvideos unzensuriert liefen, hatte von Tribe 8s oben-ohne-shows gehört. Tribe 8 in einer hip-hop-porno-show! als die einladung hier eintrudelte, ist sie gleich im müll gelandet, aber die girls wollten es machen. sie wollten den typen reinlegen. also flogen sie uns alle nach miami runter und interviewten die band vor einem haufen nackttäner und -tänzerinnen. als luke sie mitten im interview aufforderte, ihre t-shirts auszuziehen, forderten sie, er solle zuerst seine hosen runterlassen. er sagte o.k., aber nur wenn ihr alle meinen schwanz lutscht. und lynn breedlove sagte, ich brauch deinen schwanz nicht zu lutschen, denn meiner ist viel grösser als deiner! und dann zogen sie alle ihre dildos aus dem hosenschlitz und stellten sich um den typen auf. er flippte total aus. (110)

meiner erfahrung nach ist die skepsis von feministinnen gegenüber der popkultur im deutschsprachigen raum noch gravierender ausgeprägt, weil die überlappungsbereiche zwischen musikszene und feministischer szene so gering sind. das hat auch sehr viel mit der feministischen geschichte er 70er jahre zu tun, wo es vor allem um einen rückzug in nischen und auf experimentierfelder ging - es entstanden avantgardistische szenen, die nichts mit mainstream und massenkultur zu tun haben wollten, weil sie geglaubt haben, dass das patriarchale institutionen sind, die diese normen weitertrage. und nachdem pop ja vor allem aus amerika kommt, waren us-amerikanische feministinnen vielleicht noch eher gezwungen, sich mit popkultur auseinanderzusezten. (interview skug)

wenn du 13 bist und queer und nicht weisst, wie du dich der welt und dir selber erklären kannst, fühlt sich das an, als würdest du allein im dunkeln sitzen, zusammengekauert in einem winkel deines zimmers, und zu schreien versuchen - ohne deine stimme zu finden. im sommer 1994 entdeckte ich team dresch. ich spielte ihr erstes album personal best über wochen immer und immer wieder. jeden beat ätzte ich in mein gehirn und in meine seele ein. es war als hätte ich endlich meine stimme gefunden. nie zuvor, und vielleicht nie mehr wieder, hatte ich eine derart persönliche beziehung zu einem album.

als ich personal best bei chainsaw records bestellte, hatte ich nie zuvor team dresch gehört, und alles, was ich über sie wusste, stammte aus donnas coolen ankündigungen im katalog. das album kam zwei wochen später mit der post. ich fand das coverfoto mit den zwei netten girls am start zu einem sprintrennen echt cool und wunderte mich wie die wohl klingen würden. ich schob die cassette in meinen walkman und wusste nach dem ersten song, dass sich da irgend etwas in mir veränderte. donnas brutales gitarrenspiel - das war echte punkmusik und nicht so lahm wie die vielen schreienden und spuckenden jungs-punkbands. (madeleine block)

ich kann mich noch genau erinnern, wann und wo das war: 1984 in philadelphia, im spectrum. ich ging auf die bühne und sagte: ”stellt die musik ab, macht die lichter aus....`cause....I....am...one...bad...bitch...so trow your hands up, throw your hands up!“ die leute haben getobt. eine bitch kann eine starke frau sein, die bewundert und beneidet wird. das wort für sich selbst neu zu bestimmen, ihm eine neue bedeutung zu geben, heisst, ihm seine vorgefertigte negative zuschreibung zu nehmen. wenn sie dich beschimpfen spürst du den schmerz nicht mehr. und wenn das wort nicht mehr funktioniert, müssen sie sich ein neues suchen. eine hure war ich von anfang an. das wort ”nigger“ dagegen hat eine tragischere bedeutung, der schmerz dahinter ist grösser. bitches gibt´s nämlich in jeder hautfarbe, reiche, arme, solche und solche. aber nigger, die gibt´s nur in schwarz. mit dem bitch kann ich fertigwerden, mit dem nigger schaff ich´s persönlich nicht. im hip hop arbeiten sie aber an beiden begriffen, und die leute, die früher schwarze so nannten, wundern sich, warum diese nicht mehr beleidigt sind und den schmerz nicht mehr spüren. mittlerweile sind ihnen die schimpfworte ausgegangen.(roxanne shanté, 153)

da ich nicht als langweilige gurke versauern will, sondern eigentlich jeden moment leben und geniessen möchte, muss ich den kapitalismus hassen, weil er hierarchien perpetuiert, die mich daran hindern, spass zu haben. als performerin interessiert es mich, wie live-konzerte in das kapitalistische muster integriert werden, wie ich der idee des images zuliefere, meinen objektstatus akzeptiere, meine arbeit und mich zur ware mache, die einfach konsumiert, verdaut und wieder ausgeschissen wird. (kathleen hanna/bikini kill, s.136)

wir wollen mit diesen gewohnheiten im kapitalismus brechen und arbeiten deshalb nicht mit grossen labels und unterhaltungskonzernen. dies ist eine politische und künstlerische entscheidung, weil durch die unterhaltungsindustrie ganz andere leute um einen herum sind und dich von der gruppe entfremden, mit der du eigentlich kommunizieren willst.

wirklich rasend macht es micht, wenn typen zu unseren shows kommen und ”zeig deine titten“, ”zieh dich aus“ rufen, mich ”cunt“ oder andere beschissene dinge nennen. aber auch wenn das total bekackt ist, hat es den vorteil, dass es zumindest ausgesprochen wird und ich von der bühne aus mit dem mikrophon in der hand direkt darauf reagieren kann.

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RIOT-GRRRL-MANIFEST

WEIL wir mädchen uns nach platten, büchern und fanzines sehnen, die UNS ansprechen, in denen WIR uns mit eingeschlossen und verstanden fühlen.

WEIL es für uns mädchen einfacher werden soll, unsere arbeitenzuhören/sehen, damit wir unsere strategien teilen und uns gegenseitig kritisieren/applaudieren können.

WEIL wir die produktionsmittel übernehmen müssen, um unsere eigenen bedeutungen zu kreiren.

WEIL es wichtig ist, unsere arbeit mit dem alltag unserer freundinnen verbunden zu sehen, wenn wir herausfinden wollen, wie wir dinge angehen, reflektieren, verfestigen oder den status quo verändern können.

WEIL wir die fantasien einer ”instantg macho gun revolution“ als unpraktische lügen entlarvt haben, die uns zum träumen anhalten, anstatt aus unseren träumen realtität machen. UND WIR DAHER in einer revolution unseres eigenen scheiss christlichen, kapitalistischen lebensweise.

WEIL wir andere ermutigen und selbst ermutigt werden wollen, angesichts all der unsicherheiten und des männer-sauf-rocks, der uns vermittelt, dass wir keine instrumente spielen können.

WEIL wir uns nicht and die standards anderer (die der jungs) anpassen wollen, an deren definitionen, was ”gute“ musik, punkrock oder ”gutes“ schreiben ist UND DAHER orte schaffen wollen, an denen wir unsere eigenen vorstellungen entwickeln, zerstören und definieren können.

WEIL wir nicht mehr länger zurückschrecken vor dem vorwurf, wir seien reaktionäre, ”umgekehrte sexistinnen“ oder gar punk-rock-kreuzigerinnen, die wir ja tatsächlich sind.

WEIL wir wissen, dass leben mehr sein kann, als bloss physisch zu existieren und uns bewusst ist, dass die idee des Do-it-yourself im punkrock zentral für die kommende wütende grrrl-rock-revolution ist, die psychischen und kulturellen welten von mädchen und frauen in ihren eigenen begriffen zu retten versucht.

WEIL wir wege finden wollen, wie wir antihierarchisch sein und musik machen, freundschaften und szenen entwickeln können, die auf kommunikation und verständnis basieren und nicht auf konkurrenz und kategorisierungen von gut und böse.

WEiL das machen/lesen/hören von coolen, uns selbst wertschätzenden und herausfordernden dingen uns helfen kann, die stärke und den gemeinschaftssinn zu entwickeln, die wir brauchen, um herauszufinden, wie scheisse wie rassismus, sexismus, antisemitismus, diskriminierung aufgrund des alters, der spezies, der sexualität, des gewichts, der klasse oder körperlicher behinderungen in unserem leben anrichten.

WEIL wir die unterstützung und stärkung von mädchenszenen und künstlerisch aktiven mädchen als integralen bestandteil dieses prozesses sehen.

WEIL wir kapitalismus in all seinen formen hassen und weil es unser zentrales ziel ist, informationen zuteilen und wir nicht den herrschenden standards entsprechend nur geld machen oder cool sein wollen.

WEIL wir wütend sind auf eine gesellschaft, die uns sagt, mädchen = blöd, mädchen = böse, mädchen = schwach.

WEIL wir es nicht zulassen, dass unser echte und berechtigte wut verpufft und /oder über die internalisierung von sexismus, wie wir sie in der rivalisierung von mädchen oder in ihrem selbstzerstörerischen verhalten sehen, gegen uns gerichtet wird.

WEIL selbstzerstörerisches verhalten (jungs ohne kondom vögeln, bis zum exzess saufen, freundinnen fallen lassen, sich selbst und andere mädchen klein machen etc. ) nicht so einfach wäre, wenn wir in einer gemeinschaft leben würden, in der wir uns geliebt, erwünscht und geschäfzt fühlten.

WEIL ich absolut 100% überzeugt bin, daß mädchen eine revolutionäre kraft haben, die die welt wirklich verändern wird Hypertext Radio, 1998.Hypertext Radio - Never lost in space

Quelle: www.kubiss.de

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Papiertiger:

QUEER-CORE UND RIOT-GRRRL-BEWEGUNG

Über die sogenannten Riot-Grrrls in der Musikszene, in den Med ien meist unter girlism subsumiert, wurde in den letzten Jahren viel geschrieben. Mit zu den bekannteren Bands auch hierzulande gehören wohl Bikini Kill, Sleater Kinney oder Team Dresch.

Der Anspruch der Bands geht übers Musikmachen hinaus. Mit ihren Texten sprechen sie vor allem den Sexismus im Rockbusiness an, der nicht nur den Mainstream sondern auch die »Underground-Szene« bestimmt. Außerdem bleibt es nicht nur bei der Musik.

Die Bands stellen auch andere Aktionen auf die Beine. Kathleen Hanna, die Sängerin von Bikini Kill schlug die Einladung von Mike Watt aus, der auf einer Platte verschiedene Pop-Größen (Männer) zu einem Stelldichein versammelte und auch bei ihr anfragte. Anstelle eines Songs gibt es von ihr auf der Platte einen spoken-word Beitrag, in dem sie ihre Absage erklärt. Einer der Beteiligten habe vor einigen Jahren eine Freundin von ihr vergewaltigt.

In der Branche wurde das Phänomen schnell als markinnovatives neues Absatzsegment gehandelt und mußte für alle möglichen Phantasien herhalten. Viele Riot-Grrrls sind inzwischen auf Distanz gegangen und bezeichnen sich selbst nicht mehr unbedingt als solche. An dieser Stelle sei angemerkt, daß die Ausbeutung, Verwertung und Vermarktung von Frauen, Girls, Girlgroups oder wie mensch sie auch immer bezeichnet, schon immer eine Fundgrube für den Sexismus in den Medien war und ist.

Für die Entwicklung in den 90ern (Riot-Grrrls, Queercore) spielt die Punk-Bewegung der 80er eine ganz wichtige Rolle. Künstlerinnen wie Lydia Lunch, The Slits oder auch Kim Gordon von Sonic Youth spielen eine wichtige Rolle. Trotz aller Möglichkeiten, sich auszudrücken und neues auszuprobieren - was erst durch den Punk möglich wurde - hat er doch auch eine ambivalente Rolle inne.

Ein Zitat der Musiktheoretikerin Julie Burchill verdeutlicht das: "What annoys me ist feminist revisionists now saying punk was a wonderful time for women because we all started expressing ourselves more. That´s a load of bollocks because bands like The Slits actually got their gigs supporting The Clash because they were fucking The Clash! The whole casting couch routine was still going on, it was a good time for girlfriends and groupies like all pop movements, but punks were not opressive generally. They didn´t expect you to go and make tea."

Bei dem Versuch die Entwicklung von queercore nachzuzeichnen kommen wir wieder auf den Begriff der Performativität zurück, der eine wichtige Rolle in der Theorie von Judith Butler spielt. Performativität steht für die ständig wiederholende und zitierende Praxis, durch die der Diskurs die Wirkungen erzeugt, die er benennt. Bedeutung entsteht also durch ständige Wiederholung entlang diskursiver Regeln.

Am Beispiel, was mit queer in den USA passiert, läßt sich zeigen, daß es genau diese Performativität ist, die Veränderungen und Verschiebungen möglich macht. Queer ist umgangssprachlich ein hartes Schimpfwort für Lesben und Schwule. Die so Beschimpften haben sich den Begriff aber neu angeeignet und ihn zum politischen Konzept erhoben. Inzwischen steht er für eine Strategie, die herrschenden Geschlechternormen zu unterlaufen. Durch die ständige Verwendung in immer wieder neuen Kontexten hat eine Verschiebung stattgefunden. Ähnliches gilt für den Feminismus.

Sich als Feministin zu bezeichnen, war nicht schon immer so negativ besetzt, wie es heute der Fall ist. Immerhin stand das Wort einmal für den Aufbruch der Frauen, es war ein positiv besetzter Begriff. Heute dagegen haben viele Frauen eine große Scheu oder Angst, sich als Feministin zu bezeichnen. Es überwiegt die Angst in eine Schublade gesteckt zu werden, als dogmatisch zu gelten. Diesen Mechanismus hatten viele Frauen, vor allem Akademikerinnen, Journalistinnen, Schauspielerinnen und Musikerinnen in den USA Anfang der 90er durchschaut und sie fingen an, sich genau aus diesem Grund als Feministinnen zu bezeichnen.

Einen besonders gelungenen Versuch unternahmen vor allem Musikerinnen der US-Underground-Rockszene, indem sie versuchten, negative Konnotationen für sich nutzbar zu machen. Viele Musikerinnen bezeichnen sich seit ein paar Jahren als revoltierende bitches, sluts oder einfach nur als girls. Durch diese Selbstbezichtigungen versuchen sie den Diskurs umzudrehen. Sie, die bislang selbst Angriffsfläche waren und mit diesen negativ konnotierten Begriffen wie bitch, slut etc. erniedrigt werden sollten, haben sich diese Begriffe selbst angeeignet und dem Diskurs so ein Stück Wirkungsmächtigkeit entzogen.

Bei den Riot-Grrrls bzw. Queercore-Bands spielt sicher auch die Abgrenzung vom Feminismus der 60er und 70er Jahre eine Rolle. Die Inhalte und Ziele in den 90ern sind andere als die der »womens-liberation«. Trotz dieser Unterschiede und Abgrenzung steht girl nicht für Verantwortungslosigkeit und Spaßhaben, wie die Bewegung von den Medien instrumentalisiert wurde (v.a. der Spiegel).

Der Anspruch der Riot-Grrrls/Queercore-Bands läßt sicher eher als ein Ineinandergreifen von Pop, Gegenkultur und Feminismus bezeichnen und wie Kathleen Hanna es im Interview ausgedrückt hat. "Politisch aktiv sein und Vergnügen dabei zu empfinden, schließt sich nicht aus."

Musik ist hier nicht nur Mittel sondern auch Zweck. Über die politischen Inhalte der Musik werden bestimmte Ziele verfolgt.

1990 verfaßten die beiden Punk-Frauenbands Bratmobile und Bikini Kill ihr zweiseitiges »Revolution Girl-Style-Now-Manifest«. Darin riefen sie Mädchen dazu auf, öffentlich zu schreien, Bands zu gründen, Fanzines zu betreiben und sich gegen sexistische Strukturen zu wehren.

Historisch läßt sich die Entstehung der Riot-Grrls auf das Jahr 1991 datieren. In diesem Jahr traf sich in Washington DC eine Gruppe von Frauen, um über Punkrock und Feminismus zu reden. Ihr Ziel war es, sich gegenseitig beim Kunst und Musik machen zu unterstützen sowie sich politisch zu organisieren. Inzwischen hat dies in den USA Kreise gezogen. Zwar existieren verschiedenen Gruppen autonom nebeneinander, sie beziehen sich aber aufeinander und stehen in engem Kontakt.

Kathleen Hanna sagt über die Ursprünge der Riot-Grrrl-Bewegung, daß es darum ginge, alle Formen des Patriarchiats sowie den Zusammenhang von »race«, »class«, »gender« und »Sexualität« zu verändern. Die Bezeichnung Riot-Grrls sei dabei nicht so wichtig. In einem Interview weist sie allerdings darauf hin, daß Riot- Grrrls inzwischen eine nützliche Funktion für Mädchen zu haben scheint. Sie würden sich mit Feminismus in einer viel umfassenderen Weise auseinandersetzen, die nicht nur politisch anregend ist, sondern eine ganze Haltung, Kleidung, etc. beinhaltet: Diese Auseinandersetzung stehe für das Gegenteil von Bevormundung, obwohl die Bewegung von den Medien zerpflückt und fürs eigene Interesse isoliert dargestellt werde.

Hier wird auch der Unterschied zur BRD deutlich. Keine, die ernst genommen werden will, würde sich hier positiv auf girl-sein beziehen. Die ganze Bewegung ist hier völlig ins Gegenteil verkehrt worden bzw. das, was sich hier als girlies bezeichnet, hat mit den Riot-Grrrls aus USA nichts mehr gemeinsam. Mit dem Anliegen der Riot Grrrls, ihrem Politikverständnis und der Musik ernsthaft auseinandergesetzt hat sich in der BRD wohl vor allem die Spex

Dafür war u.a. die Bikini Kill -Tour im letzten Jahr der Anlaß. Selbstkritisch wird im eigenen Blatt zwar eine immer noch nicht ausreichende Auseinandersetzung mit dieser Musik beklagt. Vor dem Hintergrund, daß der gesamte Indie/Alternative Rockmusikbereich sich bislang für dieses Feld überhaupt nicht zuständig fühlte und schwieg, wird aber gleichzeitig auch ein Fortschritt konstatiert. Die »Neutralisierungsstrategie« scheint zumindest teilweise gebrochen zu sein.

Argumentiert wurde oft, daß mann ja eigentlich den politischen Anspruch gerne respektieren würde, doch mit dem Zusatz, die Songs seien im Prinzip nichts anderes als »Retro-Punk«, konnte das immer wieder umgangen werden. Christoph Gurk schreibt dazu in der Spex. »Genau das ist das politische und ästhetische Verdienst der Riot-Grrrl/Queercore-Bands, auch und erst recht nach dem großen Medienhype, daß hier aus einer Position gesprochen wird, die niemanden mehr erlaubt, eine Ebene einzunehmen, von der aus souverän geurteilt werden könnte: Jede/r muß sich auf unterschiedlichste Weise angesprochen fühlen, jede/r ist mehr Teil des Problems als Teil der Lösung, jede/r ist betroffen.« (Spex 1996, S.78)

Rein vom musikologischen Standpunkt aus betrachtet, läßt sich dem »Retro-Argument« sicher schwer widersprechen, aber und an der Stelle noch mal Christoph Gurk: »Aber wenn mich „Reject all american" (Bikini Kill) und „Call the doctor" (Sleater Kinney) eines besseren belehrt haben, dann um die Erkenntnis, daß ein künstlerisches Material, in diesem Falle Punkrock, nur solange verbraucht ist, wie es einen stabilen, ritualisierten Kontext mitdiktiert, in dem es sich als soziales Ereignis konstituiert. Es macht einen gravierenden Unterschied aus, wenn der vermeintlich gleiche Punkrock, den man überwiegend durch Männerbands kennengelernt hat, plötzlich mit unterschiedlicher Zielrichtung von Frauen gespielt wird.« (ebd.)

Die Texte handeln von Themen, die in traditionellen Rocksongs nicht angesprochen werden. Es ist die Rede von sexuellen Mißbrauch, von Vätern, die ihre Töchter und Söhne vergewaltigen, es geht um lesbisches Leben in feindlicher Umwelt, gegen Magersucht und männliche Medienmacht etc. Die Texte sind oftmals direkt politisch. Völlig selbstverständlich werden Konzerte nur für Frauen organisiert. Der obligatorische Vorwurf der Ausgrenzung ist für Bikini Kill kein Problem. Dann werden halt zwei Shows veranstaltet: eine nur für Frauen und eine für gemischtes Publikum. Auch beim Konzert in der BRD wurden die Männer aufgefordert, sich in den hinteren Teil des Raumes zu begeben, was für einige Unsicherheit sorgte.

Vor dem Hintergrund, daß rund 80% der us-amerikanischen und 75% der bundesdeutschen Print-Journalisten männlich sind, ist es erstaunlich, daß diese Bewegung dermaßen unzensiert in die Medien kommen konnte. Das liegt zum großen Teil daran, daß sich die beteiligten Frauen einen genauen Überblick über die Strukturen verschafften. Wenn sie überhaupt Interviews gaben, dann sprachen sie nur mit Frauen.

In der BRD gibt es nach wie vor keine vergleichbare Bewegung und es läßt sich eher ein gegenteiliger Effekt verzeichnen. Konservative/kommerzielle Mädchenzeitschriften von Joy bis Miss Young sprießen aus dem Boden. Die herausragende Rolle in der Medienberichterstattung ließ sich der anti- feministische Spiegel auch diesmal nicht nehmen.

Im Artikel »Emmas unpolitische Töchter«, der 1994 erschien, konnte mensch nachlesen, um was es den Riot-Grrrls wirklich geht. Bunt gemischt und völlig undifferenziert wurde die Bewegung auf »ich bin so froh, daß ich ein Mädchen bin« reduziert. Was interessieren schließlich gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Recht auf Abtreibung etc., wenn es ein gutes Girlie- Leben gibt. Der Artikel löste eine hysterische Welle der Zustimmung in fast allen bundesdeutschen Mainstreammedien aus, die einige Jahre anhielt: von Aspekte, über die Bunte, Rolling Stone, SZ bis zu den linken und alternativen Blättern wurde ein neues Girlie-Lebensgefühl verkauft und der Niedergang des Feminismus mal wieder gefeiert.

Bestes Beispiel dafür, wie ungebrochen die männliche Medienmacht und Phantasie noch immer funktioniert.


Literatur:
Spex H.7 Juli 1990 (Sonderausgabe zu Girlism)
Gurk, Christoph: Alle Formate. In: Spex H.6 Juni 1996, S.78
aus: PAPIERTIGER

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Lea Thompson:

MEDIA-GRRRL VS. RIOT GRRRL

In 1992 and 1993 there was a new buzz-word in the media. Riot grrrl popped up small at first, but by the middle of 1993 it was in major magazines such as Glamour and Seventeen. I have been with riot grrrl since I was a sophomore in high school and have watched the twisted course the media has taken it through. The first time I heard about riot grrrl in NewsWeek I was really excited and wanted to get involved. I then wrote to some grrrls in the Chicago area that I discovered in the Chicago Tribune. Shortly after this I began to notice the unfair and inaccurate stories that were being published. Riot grrrls put up a media block and refused to talk, but shallow, inept articles still appeared. Around 1994 the flurry had diminished. Today it is harder to find information about riot grrrl activity or people who even believe it is still active. The bands and grrrls are still out there but what happened in the media has really torn the movement apart. Riot grrrl activity seems to have decreased proportionetly with the media coverage in the past couple years.

Riot grrrl is a grass-roots movement involving women, often in, but not limited to, their early teens to middle twenties. The group first began in Olympia, Washington when grrrls from local bands got together and began to discuss topics like racism, sexism, punk music and abuse. They found they had a lot in common and started meeting on a regular basis. The meetings spread and so did the bands. A real instrument in the spread of the movement was, and is, zines. The word comes from magazine. They are independently produced (Xeroxed) newspapers/flyers. They contain poems, interviews, pictures, journals, rants and essays. A lot of it is hand-written, pasted together, copied and then distributed for free. Zines are a communication system of their own. Some of the more prominent bands from Olympia, "Bikini Kill" and "Bratmobile", moved to DC where there was already a big punk scene and political action. That lead to an even greater spread of the movement. The movement hopes to reach further by getting politically active in women's, minorities and human rights in the US and the rest of the world. The first riot grrrl convention was held in July of 1992 and consisted of bands, poets, workshops and discussions. The workshops were on sexuality, rape, unlearning racism, fat oppression, domestic violence and self defense.

The main purpose, as one grrrl says, is "To help each other" (Johnson 6). We address the fact that our biggest obstacle is ourselves. Women are often jealous of each other and insecure of themselves. We want to "STOP the J word jealousy from killing girl LOVE" (zine). Women don’t trust each other and it effects the kind of friendships we have. Women are set up against each other to be the prettiest, sexiest, the homecoming queen or the girlfriend of the quarterback. One of the most asked questions is to why we use 'girl' and 'grrrl' instead of woman. Girl has been used as a derogatory term towards women to invalidate their power as an individual. Girl is usually taken to mean, passive, weak, quiet and dependent. By using the word ourselves we take the sting out of it and render it useless to those who would use it disrespectfully. Another more recent interpretation relates to books like Reviving Ophelia. Girl is our more free selves, it describes who we were before we were reprogrammed into the beauty myth. By changing the spelling to grrrl it represents our anger towards inequality and standards of conduct for women. Women have long been denied their anger because it wasn’t pretty or feminine. Anger is not the only focus, we are not all militant and mean. As I said before we use the anger to inspire us to help, believe and support others.

Another often asked question concerns the writing of "bitch", "slut" and "rape" on parts of our bodies. This is, in much the same way girl is, to make people face their own assumptions and prejudices. By labeling ourselves, people’s judgment is laid out in front of them. All women deserve respect equally; if someone labels one woman a "slut" she/he makes it permissible to label other women as well. The magic marker is a way to beat her/him to it. She/he is forced to evaluate her/his actions because it makes the actions unavaoidable.

An often found motto in the zines and various publications is:
"No we are not paranoid.
No we are not manhaters.
No we are not worrying too much.
No we are not taking it too seriously."

This addresses one of the most common objections to supporting the group and the response that we’re overreacting. The one the media seems to pick on most is that we are man-haters. This goes back to early feminism in the 60's and 70's when the same thing was said about that part of the movement.In an article written by bratXgirl, she writes that in a magazine riot grrrl was referred to as a "militant feminist neo-nazi group". This was news to her! She was stunned when she found out she was a neo-nazi and replied, "gee, whiz, i’m not even white."

The NewsWeek article isn't totally erroneous, but now that I have re-read it, I’ve noticed some things wrong. The accompanying pictures aren't so bad, it's some of the captions that bother me. The magic marker written on a grrrl's arm is described as "war paint for the battle of the sexes" (Chideya, Rossi and Hannah 85). The media has always seemed to focus on this battle of the sexes business. Riot grrrl is not about hating men, it's about getting rid of the patriarchy that has become so inherent. There are bad men, but there are many, I hope more, who aren’t. Just because the movement is female-focused does not mean it is anti-male. Under her picture Courtney Love is billed as the movement's "'patron saint'" (85). One of the glaring differences between the media's definition of the movement and a riot grrrl's is that when asked to explain it, riot grrrls often first clarify that they are speaking as an individual, not for the group as a whole (Klein 7). They make it clear that everyone has their own opinions and that riot grrrl is a collective of their shared opinions and a way to help get their messages across. The media will often pick out specific grrrls like Courtney Love and Kathleen Hanna as representative of the whole group.

This article, as well as others, are filled with terms like "sassy" (hinting to the young women’s magazine) and "MTV" that distract and wrongly associate the movement with standard culture themes. The grrrl interviewed in the NewsWeek article (Jessica Hopper) is trivialized at times when described as "young, white, urban and middle class," as if because she is not a minority or rich her ideas are not really important (85). She is called contradictory because she "gush[es] about some ‘incredibleee cute bass player’," and at the same time started a pro-choice group when she was 12 (85). How is that contradictory? I think the reporter is trying to invalidate Jessica and ignoring the fact that people are not one or the other, serious or light-heated, all the time. Last, the reporter in NewsWeek assumes most of it will "evaporate when it hits the adult real world," because they are still at home or in college, "a far cry from what they'll face in the competitive job market or as they start to form their own families" (86). Riot grrrl has already proven it knows more about the real world than most adults by facing head-on rape, sexism, child abuse and refusing to hide or endure these wrongs any more. Riot grrrls are certainly not anti-family, but to say that they will either enter the job market or start families is one of the oldest female stereotypes.

An interview in a feminist magazine deals with the issue of the negative effects of the media’s involvement. Two riot grrrls (Carly and Evelyn) described how a woman from USA Today came to one of the conventions and exaggerated the way some of the grrrls there dealt with a few guys who were heckling them. According to them, one of the guys had "shouted that punk rock was an excuse for ugly girls to get on stage" (Johnson 9). These guys were approached, "People did come up to them and say ‘this is our day; if you don’t have any respect for us, leave; but otherwise, please be quiet...,’" but this was not how the reporter wrote it up (9). The reporter wrote it up as, "‘raging girls with pink mohawks came swarming around and screamed him off’ and he ran crying" (9). They also comment on the Spin article in which there was an artsy photo of a woman with riot grrrl written on her arm. They were disgusted at the idea of a paid model in such a set up photograph, how there was something inherently passive about the composition and that it looked like none of the grrrls they knew. Carly and Evelyn also knew a local reporter who did an article on riot grrrl and was told she had to re-write it because it was too friendly towards the movement.

I think the harm the media did was indismissable and pushed many away from the movement. This is evidenced by the disbanding of the riot grrrl mailing list and disappearance of many notable zines. The network is much looser now. This is in response to widly varying involvement and conflict resulting from the sudden barrage of the media-made definitions of the movement. It created a very confusing atmosphere within the group and altered its progress. Many just getting involved with the group had different impressions of what the movement was about than those who had been with it for a while. Instead of accepting new contributors, misconceptions and all, as peers who can at least help in that they serve to spread the message of asserting your power as a woman, some root members became distrustful. They were very disgusted with the media and became clique-ish. They assumed the new comers only had ideas about riot grrrl from the media and wanted to take part because it was cool. They were harsh to outsiders and it stunted them badly. The media picked up on these attitudes and articles that appeared on how elitist it was, finally killed the incursion. The Seventeen article was one such instance. The leader for the articles asks, "Punk rock, explosive politics, and no boys allowed. Will Riot Grrrl refocus feminism or fry in its own fury?" (Malkin 80)

Riot grrrl’s influence and involvement has not completely dissipated though. The bands are still going and the music is as strong as ever. How many ads on TV and in print can you think of that have strong females? There's a lot more now, than there used to be. One such ad is for a clothing company named Dirt which features a woman in work pants, coat and ski cap karate-kicking, sledge hammer in hand, with the title, "EEEYAH! Kung Fu clothing for working girl." Another example is the new Mountain Dew ad with accomplished singer/songwriter Lesley Rankine and some bunjee-jumping, sky-surfing, building-hopping, yawlping women. There is an article in Time that just came out that examines the "bewitching teen heroines" that are on TV (Bellafante 82). The shows it reviews are about believable teens that are true to life in their personalities and "speaking out, cracking wise and casting spells" (82). It even goes so far as to have a short blurb about riot grrrl, "a much hyped and ultimately successful effort by popular female punk bands to make rock less boycentric" (82). While the movement wasn’t just about the music, it is positive and in a major publication at the same time. Many zines on the internet have also popped up. Some of the zines are really good and have the same focus as many of the original print ones. Home pages written by riot grrrls are also available. There aren’t as many as I’d like but I think the number is growing. The internet is such an easy way to connect and collaborate. There are news groups and chat rooms devoted to the topic as well. I hope the impression isn’t lost and that the movement will develop further to once again reach out to the women who can find relevance in it.

Lea Thompson, 1997.

Bibliography:
- Bellafante, Ginia. Time May 5, 1997: 82-84.
- bratXgirl. alien she’s homepage Online. World Wide Web. 22 April 1997 Available:
http://www.angelfire.com/nj/alienshe/grrrl.html
- Chideya, Farai, Melissa Rossi and Dogen Hannah. "Revolution Girl-Style." Newsweek Nov. 23 1992: 84-86
- Johnson, Angela. "Start a Fucking riot." off our backs May 1993: 6-10
- Klein, Melissa. "Riot Grrrls." off our backs Feb. 1993: 6-12.
Some of the references I’m using are from ‘zines, flyers and pamphlets that are not copywrited and contain no information on author, date or city. They were meant to be of free use to copy, distribute and use in any way.


Addendum to Media Grrl vs riot grrrl

So here I am, 5 years since I first became involved. The first time i heard about riot grrrl was as a sophmore in high school. My english teacher, a woman who was regarded as a bitch and seemed to pick on the guy more than the gals, had a copy of the newsweek article on her corkboard. I don't remember exactly what happened but she showed it to me thinking I'd have an interest in it after some discussion we had. It looked really neat so I kept my eyes peeled. I had no idea how to contact anyone like that. A while later I noticed an ad in the kids section of the chicago tribune, of all places, for riot grrrl Chicago. Around the same time there was an article in the tribune on riot grrrls in general. So i wrote to them and got a lot of info. I don't think the group lasted long, but I did recieve one really cool letter from them in which they'd gotten a hold of a bunch of tribune envelopes that were pre-paid and sent out their fliers with them. This essay/paper was for an English class and suposed to be on a "trend" or "fad" but I kind of mutated it into what I have been wanting to write about riot grrrl and the media exposure it had. So it might seem a little weird because I was trying to make it fit this assignment and still contain everything I felt was important about the collective. I hope my ideas have come across clear enough that you can relate to, ponder or just understand the effect the media has had on riot grrrl culture. Let me know what you think or if I'm wrong about what happened to the chicago group. tankgirl@cerebro.xu.edu I plan to have all my articles and and fliers up here eventually. -- 03/17/97

Contact: tankgirl@cerebro.xu.edu
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