Wolfgang Sterneck
DIE TECHNO-KULTUR
JUGENDBEWEGUNG:
Als Ausdruck einer verstärkten Orientierung an den eigenen
Bedürfnissen ist die Techno-Kultur längst zur herausragenden
Jugendbewegung der neunziger Jahre geworden. Die Techno-Parties
als ekstatische Feiern zu den Klängen einer neuen zeitgemäßen
Musik entsprechen dieser Orientierung und prägen sie gleichzeitig...
MUSIK:
Techno als Musikstil unterteilt sich in eine Reihe unterschiedlicher
Stilrichtungen. Gemein-same Merkmale sind der monotone elektronische
Grundrhythmus auf den Melodien oder auch nur einzelne Klänge
und Geräusche gelegt werden, sowie die Abkehr von den herkömmlichen
Song-strukturen und der Verzicht auf Gesang. Das Spektrum reicht
von experimentellen Stücken die vorwiegend mit Geräuschen
und verzerrten Sounds arbeiten bis zu betont melodischen Kompositionen.
Innerhalb der Szene stehen dabei keineswegs die eigentlichen MusikerInnen
im Vordergrund, sondern die DiscJockeys, die inzwischen den Rang
von Pop-Stars erlangt haben...
TRANCE:
Die bewußtseinsverändernden Trance- und Ekstase-Erfahrungen
während des Tanzens sind ein wesentlicher Grund für den
großen Anklang den Techno erhalten hat sind. Bemerkenswert
sind dabei die Parallelen zu Ritualen von Naturvölkern, in
deren Rahmen sich einzelne Personen oder Gruppen durch den Tanz
zu Trommelrhythmen in Trance versetzen...
KOMMERZIALISIERUNG:
Zum bedeutendsten und symbolträchtigsten Ereignis der Techno-Kultur
wurde die Love Parade an der in den letzten Jahren jeweils rund
eine Million Menschen teilgenommen haben. Die Entwicklung der Love
Parade beschreibt wie kein anderes Ereignis die Entwicklung der
Techno-Kultur von einer reinen Underground-Szene zu einer vielschichtigen
und in weiten Bereichen kommerzialisierten Jugendbewegung. Nachdem
das kommerzielle Potential einer neuen kulturellen Strömung
bzw. ihrer Ausdrucksformen deutlich wurde, setzt immer wieder eine
Phase der Vereinnahmung, der Entschärfung und der kommerziellen
Verwertung durch die Industrie ein...
RÜCKZUG:
In seiner gegenwärtigen Hauptströmung entspricht Techno
der politischen Grundhaltung großer Teile der Jugend in Westeuropa,
die weitgehend von einem Desinteresse an gesellschaftlichen Entwicklungen
und Zusammenhängen geprägt ist. Die Techno-Bewegung ist
in diesem Sinne, von einigen Ansätzen abgesehen, keine Kultur
der Rebellion oder der Verweigerung, sondern vielmehr eine Kultur
des Rückzugs. Die Parties können dabei durchaus zu einer
Kraftquelle für die Ausein-andersetzung mit den Problemen des
Alltags werden. Wenn die Parties jedoch, wie für viele RaverInnen,
den zentralen Lebensinhalt bilden, verlieren sie den kraftspendenden
Charakter und werden zu einer unreflektierten Flucht, die an den
eigentlichen Problemen, welche die Flucht begründen, nichts
ändern bzw. sie letztlich dadurch stabilisieren...
DROGEN:
Der Gebrauch von Drogen ist für viele Personen aus den verschiedenen
Techno-Szenen selbstverständlich. Zum Teil ist dabei allerdings
ein gravierender Informationsmangel hinsichtlich der Wirkungen vorhanden,
so daß nicht nur ein abwägender Umgang anzutreffen ist,
sondern auch gesundheitsgefährdende Dosierungen oder ein entsprechend
risikoreicher Mischkonsum verschiedener Drogen. Notwendig sind Aufklärungsmaßnahmen,
die den Drogenkonsum weder tabuisieren noch beschönigen, sondern
eine selbstbestimmte und bewußte Entscheidung ermöglichen...
UNDERGROUND:
Die gegenkulturellen Strömungen der Anfangszeit waren vielfältig
ausgerichtet. Wurzelnd in den umgebenden Bedingungen entwickelte
sich im indischen Goa eine eher spirituell ausgerichtete Szene,
während in Berlin die Abkehr von etablierten Strukturen im
Vordergrund stand, in San Francisco Elemente der psychedelischen
Bewegung wieder aufgegriffen und in England zum Teil ausdrücklich
linke politische Positionen bezogen wurden. In unterschiedlicher
Ausprägung existieren diese Strömungen noch immer und
haben zum Teil eine wegweisende Bedeutung, stehen aber zumeist im
Schatten der medienwirksam präsentierten Produktionen der Industrie...
Die Sterne sind erreichbar, aber manche sind schon längst erloschen,
auch wenn ihr Licht noch sichtbar ist...
- 1998 -
www.sterneck.net
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