Wolfgang Sterneck
RECLAIM THE STREETS
"Wenn ich nicht tanzen kann, dann ist es nicht meine Revolution"
soll in den zwanziger Jahren die Anarchistin Emma Goldmann einmal
sinngemäß verkündet haben. Mit einem gewissen Augenzwinkern
bezieht sich bis heute der politische Party-Underground gerne auf
diese Aussage.
Insbesondere die "Reclaim the Streets"-Aktionen in den
Metropolen zeigen nachdrücklich, dass es durchaus möglich
ist, die so oft als unvereinbar beschriebenen Gegensätze von
Politik und Party sinnvoll miteinander zu verknüpfen. DJ-Sets
sind genauso wie bunt gestaltete Transparente ein fester Bestandteil
dieser politischen Straßenpartys, die lautstark durch die
Innenstädte ziehen.
Weit über das Konzept traditioneller Demonstrationen hinausgehend,
sollen die Aktionen nicht nur der trockenen Wiedergabe linker Positionen
entsprechen. Vielmehr geht es um die lustvolle Manifestation eines
alternativen Lebensgefühls und einer vielfältigen Gegenkultur.
Es sind Demos, die auch Spaß machen. Demos, bei den nicht
nur der Kopf sagt, Du musst für oder gegen Irgendetwas auf
den Straßen demonstrieren, sondern vielmehr Demos, die aus
einer getanzten, positiven Energie heraus für Veränderung
eintreten.
Für eine kurze Zeit gelingt es dabei immer wieder den kommerzialisierten
öffentlichen Raum zurückzuerobern und mit neuem Leben
zu erfüllen. Doch zumeist dauert es nicht lange und die schrägen
Beats vermischen sich mit den Sounds der anrückenden Wasserwerfer,
während die fröhlich tanzenden Party-Freaks von Polizisten
in Kampfanzügen umkreist werden. Ein symbolhaftes Bild, das
ohne ein Wort zu benötigen die herrschenden Realitäten
bitter entlarvt.
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Wolfgang Sterneck
RECLAIM THE STREETS
»If I can't dance, I don't want to be part of your revolution«,
the anarchist Emma Goldmann announced in the nineteen twenties.
With a slight twinkle of the eyes the political party underground
today is connected to this phrase.
Especially the Reclaim the Streets actions in certain metropolis
show that it is possible to unite the often incompatibly classed
politics and parties in a productive manner. DJ sets as well as
colourful transparent foils are both steadfast elements of these
political street parties which loudly move through city centres.
These actions aim to go far beyond the typically dry representation
of the political left. Much more they are about representing an
alternative lifestyle and alternative counter culture.
For a short time period they always manage to reclaim the commercialised
public space and fill it with new life. Unfortunately it usually
doesn’t take long before the freaky beats get mixed up with
the sound of approaching water canons and the happily dancing party
freaks are surrounded by police in riot suits. An image brimming
with symbolism that without needing to utter a single word bitterly
unmasks the current state of the world.
www.sterneck.net
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