Wolfgang Sterneck
VISIONEN, REALITÄTEN UND DER TANZ FÜR
VERÄNDERUNG
Remix des Intros zur Abendveranstaltung des
Gathering of the Tribes, Frankfurt am Main, 07.04.2007
Noch einmal herzlich willkommen auf dem Gathering of the Tribes
2007, das unter dem Motto „Music, Mind and Politics - Dance
for Change!“ steht!
Nachdem das Gathering gestern bereits mit dem Treffen des Sonics-Netzwerk
begonnen hat und der heutige Tag von Workshops, Filmen und Infoangeboten
unterschiedlicher Art geprägt war, soll nun die Abendveranstaltung
die Visionen des Gatherings an konkreten Beispielen noch einmal
verdeutlichen. Es wird kurze Projektvorstellungen, Podiumsgespräche
und zwei Kurzfilme zu „Party & Politics“ geben.
Direkt im Anschluss beginnt das Musikprogramm.
Auf diesem Gathering geht es immer wieder um Visionen und um die
Frage, wie wir unsere inneren und äußeren Utopien in
den bestehenden gesellschaftlichen Realitäten umsetzen und
als erlebbare konkrete Utopien gestalten können.
Das Gathering soll uns an den ursprünglichen idealistischen
Kern unserer Subkulturen und Szenen erinnern. Es soll uns an eine
Vision erinnern, die wir alle in uns tragen, die aber im Alltag
genauso wie auf vielen Festivals und Konferenzen kaum noch zu finden
sind. Zu oft wird diese Vision gerade auf den Partys unter einem
Berg von Oberflächlichkeit, Konsum und Kommerz begraben.
Was ist nun diese Vision? - Wir tragen sie alle auf ganz unterschiedlichen
Ebenen in uns. Drei dieser Ebenen, die im Zusammenhang mit dem Gathering
besonders wesentlich sind, möchte ich hier kurz darstellen.
Da ist zum einen die Vision des inneren Flows. Wenn wir uns beispielsweise
stundenlang auf der Tanzfläche befinden und uns in Trance-artige
Zustände tanzen, dann basiert dies auf der Sehnsucht nach dem
inneren Fließen. Die Sehnsucht nach einem Zustand, der nicht
länger von Blockaden von Barrieren bestimmt ist. Es gibt viele
Wege, um in diesen Flow einzutauchen. Hier auf dem Festival sind
es beispielsweise Workshops zum Trance-Tanz, zu Entspannungstechniken
oder auch die verschiedenen Sessions und Playground-Angebote, die
ermöglichen in einen kreativen Flow zu kommen.
Ein weiterer Teil dieser Vision sind die Bedürfnisse nach Nähe
und Tiefe in einer solidarischen Gemeinschaft bzw. in einem „Tribe“
oder Projekt. Das Bedürfnis der Begegnung, des Austauschs und
der Entfaltung. Wesentlich stärker als andere Festivals und
Konferenzen versucht das diesjährige Gathering seinem Namen
entsprechend Räume zu eröffnen, in denen dies als einzelne
Person in der Gemeinschaft möglich ist. Räume, in denen
Projekte vorgestellt und vernetzt werden. Räume, deren inhaltliche
Ausformung nicht nur die Veranstalter bestimmen, sondern jede und
jeder von uns mitgestalten kann.
Zu diesem Wochenende bzw. zu diesem Festival gehört zwangsläufig
auch ein politisches Verständnis, das weit über den Dancefloor
hinausreicht. Ein Verständnis, das sich kritisch mit repressiven
gesellschaftlichen Bedingungen auseinandersetzt und auch in der
gelebten Praxis versucht diese konsequent zu verändern. Die
Vision, die dahinter steht, bezieht sich auf eine Welt, die nicht
länger von ökologischer Zerstörung und globalisierter
Ausbeutung bestimmt wird. Die Vision einer Welt, in der Konkurrenzdenken
und Profitfixierung von Werten wie Solidarität, Gemeinschaftlichkeit
und Entfaltung ersetzt werden.
Ihre wahre Stärke entfalten diese drei Ebenen nur wenn sie
zusammenwirken. Isoliert führt dagegen jeder dieser Ansätze
in eine Sackgasse. Wer sich nur mit sich selbst auseinandersetzt
und nur nach innerer Erfüllung strebt, der endet schnell auf
einem Egotrip. Und wer andererseits nur die gesellschaftlichen Bedingungen
verändern will, aber sich nicht hinterfragt und weiterentwickelt,
der wird ebenso in einer Sackgasse enden.
Es geht darum, diese Aspekte in unserem persönlichen und im
gesellschaftlichen Alltag miteinander zu verbinden. Es geht immer
wieder um die Verbindung von innerer persönlicher Entwicklung
und äußerer gesellschaftliche Veränderung. Die Verbindung
dieser Ebenen bzw. die Verbindung von „Music, Mind & Politics“
ist die konkrete Vision dieses Gatherings.
In diesem Sinne ist im Vorfeld des Gatherings das Manifest „Rhythmen
der Veränderung“ entstanden. Es beschreibt den idealistischen
Underground fernab der Charts und TV-Shows, dem es um kreative Entfaltung
und gesellschaftliche Veränderung geht. Zu den Besonderheiten
dieses Manifestes gehör, dass es von MusikerInnen aus unterschiedlichen
stilistischen Bereichen unterstützt wird, die eine zumindest
ähnliche Grundhaltung verbindet. Das Spektrum reicht von Polit-Rock
und Country-Blues über HipHop, Punk und Techno bis zum experimentellen
Strömungen.
Dieses Gathering will auf verschiedenen Ebenen Impulse geben. Es
ist weit über das Wochenende hinaus ein Aufruf, selbst aktiv
zu werden und Freiräume auf den unterschiedlichsten Ebenen
zu entwickeln, in denen ein freieres Leben möglich ist!
Dieses Gathering ist insbesondere auch ein Aufruf für konsequente
Veränderung zu tanzen! Und sich dabei im konkreten wie im übertragenden
Sinne nicht nur auf die Dancefloors zu beschränken, sondern
in den Straßen, in den Supermärkten, in den Parlamenten
und jetzt im Juni gegen den G8-Gipfel bei Rostock für eine
andere Welt zu tanzen!
Dieses Gathering in seinen vielfältigen Facetten ist ein konkreter
Aufruf, die Vision in der Wirklichkeit zu leben!
Die Sterne sind erreichbar, wenn wir es wirklich wollen!
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Wolfgang Sterneck
contact@sterneck.net
www.sterneck.net/gathering
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